Im letzten Monat hatten wir über das Thema Bettnässen
bei Kindern ab dem 5. Lebensjahr berichtet. Da es zu diesem viele
Fragen und wenig Antworten gibt, haben wir den Privatdozenten Dr. Latta,
ärztlicher Direktor des Clementine Kinderhospitals in Frankfurt am Main ins Gespräch eingeladen. Hier ist das Interview!
Was ist die Initiative Trockene Nacht e.V. und wie arbeitet der Verein mit Pampers zusammen?
Die
Initiative Trockene Nacht e.V. hat sich seit 2008 zur Aufgabe gemacht,
für das Thema Bettnässen in der Öffentlichkeit Verständnis zu wecken,
Vorurteile aufzuräumen und Betroffene über Ursachen und die
verschiedenen Therapiemöglichkeiten aufzuklären.
Zusammen mit Pampers stellt die Initiative Trocken Nacht e.V. auf www.underJams.de ein
Blasentagebuch vor, um das Kind und die Eltern in der schwierigen Phase
des Bettnässens zu unterstützen und über das Thema zu informieren.
Was ist ein Blasentagebuch?
Für
ein Blasentagebuch, auch Miktionsprotokoll genannt, notieren die Eltern
oder das ältere Kind für drei, oder besser noch für vier Tage und
Nächte alle wesentlichen Information rund um das Trinkverhalten und das
Wasserlassen des betroffenen Kindes.
Wie funktioniert das Blasentagebuch für das betroffene Kind?
An
den Tagen, an denen das Blasentagebuch geführt wird, wird
aufgeschrieben, wann was und wie viel getrunken wird, wann das Kind auf
die Toilette geht und wie viel Urin produziert wird. Es wird notiert, ob
das Kind sehr plötzlich starken Harndrang hat. Mit Hilfe eines
Messbechers, in den uriniert wird, ermittelt man die jeweiligen
Urin-Portionen am Tage. Dabei wird auch aufgeschrieben, ob es zum
Einnässen kleiner Mengen kommt. Es ist aber auch wichtig, die nächtliche
Urinmenge zu ermitteln. Hierfür ist es sinnvoll in dieser Zeit eine
saugfähige Unterwäsche, wie beispielsweise Pampers UnderJams, zu tragen.
Einmal wird die trockene Hose gewogen und am morgen dann die nasse
Hose.
Man
zieht das Gewicht der trockenen Hose von dem der nassen Hose ab und
erhält so die Urinmenge, die das Kind nachts gelassen hat. Hierbei
entspricht ein Gramm etwa einem Milliliter. Zur Urinmenge in der Windel
wird die erste Urinportion hinzugezählt, die das Kind morgens auf der
Toilette macht – so hat man die Urinmenge ermittelt, die die Nieren
nachts produzieren.
Ist ein Blasentagebuch für jedes Kind geeignet?
Ja.
Für eine sorgfältige Diagnose braucht der Arzt notwendig die
Informationen aus dem Blasentagebuch. Für Kinder, die tagsüber im
Kindergarten oder in der Schule sind, kann es problematisch sein während
der Woche ein solches Blasentagebuch zu führen. Es sollte so gut wie
möglich den Alltag abbilden, wenn es nicht anders klappt, kann das
Blasentagebuch auch an Wochenenden oder Feiertagen geführt werden.
Welche möglichen Ursachen gibt es für das Bettnässen?
Bettnässen
kann viele verschiedene Ursachen haben. Nicht selten liegt ein
Trinkfehlverhalten vor. Die Kinder trinken dann tagsüber zu wenig und im
Verhältnis abends zu viel. Die Blase kann zu klein sein und nicht so
viel Urin speichern, wie dies dem Alter des Kindes entspricht.
Einige
Kinder produzieren nachts zu viel Urin, nämlich mehr, als in ihre Blase
passt. Eine tatsächliche Ursache kann nicht bei allen Kindern gefunden
werden.
Ist Bettnässen erblich?
Bei
Untersuchungen zu den Folgen wurde festgestellt, dass das Bettnässen in
einigen Familien gehäuft vorkommt. Ist ein Elternteil als Kind auch
erst sehr spät trocken geworden, so liegt die Wahrscheinlichkeit, dass
das Kind auch erst spät trocken wird bei etwa 40%. Sind beide Eltern
betroffen gewesen, so liegt die Wahrscheinlichkeit bei etwa 75%.
Stecken dahinter seelische Probleme?
Entgegen
eines hartnäckigen Vorurteils weiß man heute: seelische Probleme sind
nur in seltenen Fällen die Ursache des Bettnässens und viel häufiger die
Folge einer nicht behandelten oder lang andauernden Enuresis. Ist das
nächtliche Einnässen mit einer Inkontinenz tagsüber verbunden, sind
psychische Probleme häufiger die Folge.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Bettnässen
gilt ab dem fünften Geburtstag des Kindes als behandlungsbedürftige
Erkrankung. Nicht immer ist eine Behandlung gegen das Bettnässen
sinnvoll, nämlich dann, wenn das betroffene Kind noch keine 5 Jahre alt
ist und wenn das Problem weder das Kind noch die Eltern stört. Dann kann
es sein, dass Ihr Arzt Ihnen vielleicht raten wird, einfach abzuwarten.
Wenn Ihr Kind jedoch schon älter ist oder wenn Ihr Kind und Ihre
Familie unter dem Bettnässen leiden, sollten Sie sich über
Behandlungsmöglichkeiten informieren. Bevor Sie mit einer Behandlung
beginnen, sollte der Kinderarzt das Kind untersuchen, ein ausführliches
Anamnesegespräch mit Ihnen und dem Kind führen und sich ein
Blasentagebuch anschauen, das Sie zuvor erstellt haben. Nur nach einer
sorgfältigen Diagnose kann der Arzt die Ursache des Bettnässens besser
verstehen und Ihnen einen für Ihr Kind geeigneten Behandlungsplan
vorschlagen.
Zunächst
ist es wichtig u.a. anhand des Blasentagebuches zu klären, ob es
eindeutige Ursachen des Einnässens gibt. Liegt ein Fehlverhalten beim
Trinken oder Toilettengang vor, kann eine so genannte Urotherapie dem
Kind helfen. Hier wird darauf geachtet, dass das Kind ausreichend und
zur richtigen Zeit trinkt und häufig genug, aber nicht zu häufig, auf
die Toilette geht. Eine so genannte Alarmtherapie kann sinnvoll sein,
wenn das Kind nachts normal viel Urin bildet, aber vom Reiz der vollen
Blase nicht erwacht. Ist die Blase nicht altersgerecht entwickelt, kann
der Arzt zur Blasennachreifung ein Medikament verschreiben. Produziert
das Kind nachts zu viel Urin, kann ein Medikament die nächtliche
Urinmenge drosseln. Nicht selten liegen auch verschiedene Ursachen vor,
die nacheinander oder in einer Kombinationstherapie behandelt werden
können. Es gibt keine Standardlösung und oft auch keinen schnellen Weg.
Wie kann ich meinem Kind in dieser schwierigen Phase helfen?
Niemand
hat Schuld am Bettnässen. Strafen und Belohnen lösen das Problem nicht.
Schimpfen Sie nicht, sondern unterstützen Sie Ihr Kind dabei mit dem
Problem offen umzugehen. Sprechen Sie in der Familie das Thema offen an.
Suchen und finden Sie Lösungen, wie mit dem Problem in der Familie, im
Urlaub, bei auswärtigen Übernachtungen oder Klassenfahrten sinnvoll
umgegangen werden kann.
Informationen über die Initiative Trockene Nacht e.v und das Blasentagebuch findet Ihr hier: